Von
Roland Kroell
für
REGIO Magazin, 1995
u.
DREILAND-ZEITUNG 3/8/95
In einem einsamen Tal zwischen Sapois und
Gérardmer lebt
und arbeitet der lnstrumentenbauer Christophe Toussaint, in dessen
Werkstatt man über hundert Zithern aller Art bewundern kann.
Das
Bauen der instrumente, die französisch ,,Épinette"
genannt
werden, lernte er von seinem Großvater Marcel Gaspard. Neben
der
traditionellen Kurzform hat Toussaint ein doppelstöckiges
Konzertépinett entwickelt. Die meisten Instrumente verkauft
Toussaint nach Lothringen, Belgien und Paris. ,,Früher", so
Toussaint, ,,war das Epinett ein Lumpeninstrument und wurde von den
armen Leuten gespielt. Es war einfach zu bauen, ein rechteckiger Kasten
mit Saiten."
Scheitholz
im Schwarzwald
Das ,,Epinett aus den
Vogesen, I'épinette des Vosges"
gehört zur Instrumentenfamilie der Bordun-Zithern. Dieses
europäische Ur-Instrument gibt es in mehr als 160
verschiedenen
Formen, seine Anfänge führen auf das Monochord
zurück. In
der Schweiz nennt man es heute noch ,,Hexenschit", im Schwarzwald
,,Scheitholz", in Schweden ,,Hummel", in Norwegen ,,Langeleik", in
Ungarn ,,Citera". Bekanntester Vertreter dieser Instrumentengattung ist
der ,,Appalachian Dulcimer" in den USA.. In der Country&Western
Music hat er seinen festen Platz und erfreut sich großer
Beliebtheit. In Europa dagegen werden diese Instrumente nur von wenigen
Liebhabern gespielt, zum Beispiel in der Region von
Gérardmer und
in Val d'Ajol. Im 6. bis 8. Jahrhundert n. Chr wurde das Scheitholz
zusammen mit der Lyra am Hofe von Königen und Fürsten
von
deren Barden gespielt. Nachdem die königlichen Meisterbarden
zur
Zeit Karls des Großen gestürzt wurden, verschwand
das
Scheitholz von der Weltbühne. In bäuerlichen Gegenden
aber
wurde es wegen seiner einfachen Bau- und Spielweise zu einem beliebten
Volksinstrument. Kaiser Napoleon III. entdeckte um 1860 bei einer Reise
durch die Südvogesen seine Vorliebe für das Epinett.
Madame
Dorothée aus der Gegend Von Fougerolles hatte auf dem
Épinette für den hohen Gast eigens einen
,,Kaiserwalzer"
komponiert.
Kunstvoll verziert.
Das
Epinett hat zwei Melodiesaiten und vier Bordunsaiten, die
ostinativ einen Grundakkord bilden. Das Konzertepinett von Toussaint
hat
die Form einer Geige. Kunstvoll hat der Instrumentenbauer die
Klangdecke mit Rossetten verziert, die einen Baum und ein Ahornblatt darstellen.
Das Holz von Ahorn, Kirsche oder Tanne eignet sich am besten
für
dit Herstellung dieser Klangkörper. Der Wirbelkasten ist mit
einem
geschnitzten Frauenkopf gekrönt. Christophe Toussaint baut
nicht
nur Épinette, sondern beherrscht ebenfalls das Spiel des
Instrumentes. Gerne musiziert er mit Freunden und wird oft zu
Folkfestivals in Frankreich eingeladen, wo er versucht, wieder auf das
Epinett aufmerksam zu machen. Als erster Musiker in Frankreich bekam er
von der Musikakademie in Paris für dieses Instrument ein
Staatsexamen mit der wohlklingenden Bezeichnung ,,Professeur
diplômé d'état d'épinette
des Vosges",
verliehen. Heute ist er einer der letzten Epinett-Bauer im
Elsaß.
Über hundert Instrumente verkauft er jährlich nach
Lothringen, Belgien und Paris. Eine CD mit dem Titel
,,1'épinette des montagnes bleues" hat Toussaint 1993
produziert.
Lieder aus Irland, Frankreich und dem Elsaß hat der Musiker
für das Epinett arrangiert.
Näheres zum Bau des Instruments
Am besten 'fliegen' sie direkt bis Rainer Guthke, aus Wallen :
www.imbordunton.de/Bordunzithern
Ein sehr
besonderes Instrument ist in
www.sumerauer.de/dausenkunz/deutsch/epinett.htm beschrieben.